Seriöses Life-Coaching erkennen

Coaching ist wie Horsemanship, auf beiden Marktplätzen tummeln sich viele Scharlatane!

Aufrichtig verärgert hat mich die am 23.11.2023 von der ARD ausgestrahlte Sendung „Reschke Fernsehen I Psychotricks – Die bizarre Show der Life-Coaches“. Ja, es gibt viele selbst ernannte Coaches, deren Vorgehensweisen absolut indiskutabel sind. Coaching ist keine Therapie, für Menschen mit seelischem Trauma oder psychischen Störungen nicht geeignet und vor laufender Kamera als Trash-TV Format absolut unangebracht. Schön wäre es gewesen, in diesem Zuge auchauf professionelles Coaching hinzuweisen, was ich sehr gerne an dieser Stelle nachhole.

Business- als auch Life- Coaching ist an Menschen gerichtet, die an einer persönlichen Fragestellung arbeiten wollen und dafür professionelle Begleitung hinzuziehen; mit dem Ziel, die eigene Lösungsideen zu entwickeln. Wer kennt das Gefühl nicht, sich mit seinen Gedanken, Emotionen und Verhaltensweisen im Kreis zu drehen? Eine wunderbare Methode ist es, die Familie, gute Freunde oder liebgewonnen Kolleginnen und Kollegen zu Rate zu ziehen. Und noch besser ist es, wenn diese die eigene Meinung bestätigen. Professionelle Coaches helfen dabei, die eigenen Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen zu ordnen, un(ter)bewusste Muster bewusst zu machen und Strategien zu entwickeln, die anstehenden Herausforderungen erfolgreich zu meistern.

Was hat für mich der Deutsche Bundesverband für Coaching mit der Deutschen Reiterlichen Vereinigung gemeinsam?

Takt, Losgelassenheit, Anlehnung, Schwung, Geraderichten und Versammeln sind die sechs Phasen der Ausbildung, welche die Deutsche Reiterliche Vereinigung, Federation Nationale (FN) als Grundlage für gutes Reiten und den fairen Umgang mit Pferden benannt hat. Was hat das mit Coaching zu tun? Coaching unterstütz Menschen dabei, erfolgreich zu sein. Seriöses Coaching setzt beim Coach eine wissenschaftlich fundierte Ausbildung und viel praktische Erfahrung im Umgang mit Menschen voraus. Die Bereitschaft sich und sein Handeln selbstkritisch zu reflektieren und sich selbst zu bewegen, sind weitere grundlegende Voraussetzungen, die jeder Coach in den Coachingprozess mit einzubringen hat.

Als Coach wird mir im Erstgespräch gerne die Frage gestellt: „Wie willst du mich erfolgreich machen?“ oder „wie machst du meine Mitarbeitenden erfolgreich?“ Zur großen Irritation, beantworte ich diese Frage nicht, sondern stelle die folgenden drei Gegenfragen: Wie sieht Erfolg für dich aus? Wie fühlt sich Erfolg für dich an? Was machst du, wenn du erfolgreich bist? Dabei mache ich die Erfahrung, dass sich diese Fragen nicht immer so schnell und so einfach von meinen Gesprächspartner*innen beantworten lassen. Genau an dieser Stelle beginnt oder endet bereits schon wieder die Zusammenarbeit. Coaching verstehe ich als Hilfestellung, eigene Antworten auf individuelle Fragestellungen auf den drei Ebenen „Kopf, Herz und Hand (in Anlehnung an Pestalozzi)“ zu finden. Das kann im bilateralen Gespräch oder in Gruppenveranstaltungen, digital oder in Präsenz jedoch stets in einem geschützten Rahmen und niemals in spektakulären Formaten und in aller Öffentlichkeit stattfinden. 

Als passionierte Reiterin arbeite ich mit der Ausbildungsskala der Deutschen Reiterlichen Vereinigung stetig an meiner und an der Ausbildung meiner Pferde, ich gehe mit meinen Pferden respektvoll um und stelle die Bedürfnisse meiner Pferde und nicht meine eigenen in den Vordergrund. Wunderbar lassen sich diese Maßstäbe auch auf professionelles und seriöses Coaching übertragen:

Takt:

Im Coachingprozess arbeite ich rhythmisch, mit wiederkehrenden Ritualen, mit Pausen und mit ausreichend Pufferzeiten. Architektur, Design und Methodenkompetenz sind für gutes Coaching genauso wichtig wie die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität.

Losgelassenheit:

Als professioneller Coach mache ich mich frei von meiner eigenen Meinung, ich kenne meine psychologischen Muster, mit welchen ich mich intensiv auseinandersetze. Ich höre meinen Coachees aufmerksam zu, ich nehme bewusst wahr, ohne zu bewerten.

Anlehnung:

Ich nähere mich meinen Coachees auf rationaler und emotionaler Ebene, ohne in einen Parallelprozess einzusteigen und stets die professionelle Distanz im Blick behaltend. Ich konzentriere mich darauf, was meine Coachees an Ideen für sich entwickeln und nicht darauf, was ich an Ideen für meine Coachees entwickle. Ich interveniere, sobald sich eine symbiotische Beziehung zwischen mir und meinen Coachees aufbauen sollte, zum Schutze meiner Kunden und mir selbst.

Schwung:

Ich achte darauf, dass eine gute Energie im Coachingprozess entsteht. Die individuellen Stärken zu stärken und die intrinsischen Motive meiner Coachees herauszufinden, ist mir als professionell arbeitender Coach wichtig. Mein Ziel ist es, dass meine Coachees die Arbeit mit mir als herausfordernd und dennoch bereichernd als auch motivierend erleben.

Geraderichten:

Ökonomische Interessen sind als Coach nicht wegzudiskutieren, ich möchte von meiner Arbeit meinen Lebensunterhalt bestreiten können. Dabei ist mir das Spannungsfeld, in welchem ich mich als Coach bewege, bewusst. Die Herausforderung, die mich als Coach begleiten, fangen bei A wie Aufträge generieren an und enden bei Z wie Zufriedenheit der Kunden sicherstellen. Als seriöse Coachinganbieterin halte ich mich dabei an den Ethik-Kodex meines Verbandes. An oberster Stelle steht für mich meine Professionalität, deshalb ist mir die kritische Reflexion meiner Arbeit wichtig.

Versammeln:

Ich achte darauf, dass meine Coachees, die im Coaching entwickelten Ideen und Strategien mit ihrer Lebenswirklichkeit verbinden können; das setzt Lerntransferstärke voraus, die aufgebaut werden will. Lerntransferstärke aufzubauen, bedeutet für mich, meine Coachees zu „versammeln“. Meine Coachees konzentrieren sich auf sich und ihre Bedürfnisse, sie bringen Offenheit für Veränderungsimpulse und die Bereitschaft zur Selbstverantwortung mit in den Coachingprozess ein. An der Fähigkeit mit Rückschlägen konstruktiv umzugehen und an einer positiven, wertschätzenden Grundhaltung sich und anderen gegenüber, daran arbeiten wir gemeinsam im Coaching. Selbstwirksamkeit ist für mich der Schlüssel zum persönlichen und beruflichen Erfolg.

Fazit

Um abschließend auf meine Frage vom Anfang zurückzukommen: Was haben für mich die beiden Verbände, der DBVC und die FN, denen ich mich verpflichtet fühle, gemeinsam?

DBVC und FN arbeiten beide an verbindlichen Qualitätsstandards, um Missbrauch und Scharlatanerie im Umgang mit sich selbst und anderen Individuen vorzubeugen.

Martina Finkel-Salzer im Blazer mit Blick in die Kamera. Im Hintergrund Uferböschung und ein See.

Martina Finkel-Salzer ist Senior Coach im DBVC. Ihre wissenschaftliche Ausbildung, ihre Coaching Erfahrung aus über 25 Jahren Berufspraxis und ihre Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzende eines Unternehmens der Energieversorgung macht Sie als Ansprechpartnerin für Manager*innen, High Potentials und Mitarbeiter*innen glaubwürdig. Sie ist seit 2001 Inhaberin von communicata Personal- und Organisationsberatung in Berlin Brandenburg.

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